Treptow kommt von Teltow zu Berlin

  Vor über 80 Jahren Gesetz über neue Stadtgemeinde
  Das heutige Treptow gehöhrt erst seit dem 1.Oktober 1920 zu Berlin. Bis Ende September des Jahres war der sich rasant entwickelnde neue Industriestandort noch ein großer Vorort der Reichshauptstadt, der dem Landkreis Teltow zugerechnet wurde. Die Folgen des Ersten Weltkrieges, der Einfluß der Revolutionsereignisse 1918/19 und der erungene demokratische Staatsordnung der Weimarer Republik mit veränderten politischen Mehrheitsverhältnissen waren Voraussetzung dafür, gegen den Wiederstand konservativer Kräfte, insbesondere auch im Landkreis Teltow, das unhaltbare komunale Nebeneinander von Hauptstadt, selbständigen Vorstädten, Landgemeinden und Gutsbezirken neu zu ordnen. Am 27.April 1920 verabschiedete die Preußische Landesversammlung das "Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin", das im Oktober des Jahres in Kraft trat. Mit einer Mehrheit von nur 16 Stimmen sprachen sich 164 der 315 Abgeordneten, die Vertreter der USPD und der SPD, sowie ein Teil der Parlamentarier der Deutschen Demokratischen Partei dafür aus.  
   
  Die neue Einheitsgemeinde wurde 13mal so groß wie das bisherige historische Berlin. Zum Zeitpunkt ihrer Gründung zählte sie 3.859.000 Einwohner auf einem Gebiet von 878.35 Quadratkilometern. Sie wurde in 20 Bezirke eingeteil. Es waren die sechs innerstädtischen Bezirke der bisherigen Stadtgemeinde - Mitte, Tiergarten, Wedding, Prenzlauer Tor (später Prenzlauer Berg), Friedrichshain und Hallesches Tor (später Kreutzberg) - und die sieben neu hinzu gekommenen Vorstädte Charlottenburg, Köpenik, Lichtenberg, Neukölln, Schöneberg, Spandau und Wilmersdorf sowie 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke, die zu sieben Bezirken zusammengeschlossen wurden. Ihren Namen erhielten sie jeweils nach dem Ortsteil mit der größten Einwohnerzahl: Pankow, Reinickendorf, Steglitz, Tempelhof, Treptow und Weißensee.  
   
  Zentralisation und Dezentralisation der Verwaltungsaufgaben gingen nebeneinander her. Zentrale Organe der Verwaltung blieben der Magistrat von Berlin mit dem Oberbürgermeister und die Stadtverordnetenversammlun. Die Geschicke der 20 Bezirke wurden von den Bezirksämtern mit dem Bezirksbürgermeister und den Bezirksverordnetenversammlung bestimmt. Zur Neureglung der Berliner Verwaltung bemerkte die liberale "Vossische Zeitung": "Der ganze neue Kurs in dem röteren "roten Haus" läßt ein recht Vertrauen zu den Verwaltungskünsten des ins riesenhafte erweiterten Berlin noch nicht aufkommen. Dieser Zusammenschluß ist wirtschaftlich notwendig und in dieser Stunde tiefster gemeindlicher Not vollständig unvermeidbar."  
   
  Im April 1872 war der Gutsbezirk Treptow aufgrund der Kreisordnung für die östlichen Provinzen Preußens zum 37. Amtsbezirk erklärt worden. Als ehrenamtlicher Amtsvorsteher unterstand Guts-und Baumschulenbesitzer Eduard Mosisch unmittelbar dem Landrat von Teltow. 1876 wurde der Gutsbezirk zur selbständigen Gemeinde innerhalh des Kreises Teltow umgewandelt. Die Gemeindeverwaltung befand sich anfangs in der Neuen Krugallee 4.  
   
  Mit dem Gründerboom nach dem deutsch-französischen Krieg und der Reichseinigung setzte auch eine Periode der kontinuirlichen Wirtschaftsentwicklung der Gemeinde ein.Treptow entwickelte sich wie das gesamte Oberspreegebiet zu einem neuen Industriestandort mit bedeutenden Firmen und zugebauten Straßenzügen, hohen Mietshäusern mit Hinter-und Seitengebäuden, wie z.B. in der Lohmühlenstraße, der Bouchéstraße und der nördlichen Kiefholzstraße. Es entfaltete sich Unternehmen wie die Landmaschinenfabrik Beermann , die Firma Ehrich & Graetz mit Spitzenleistungen inn der Beleuchtungstechnik, die chemische Farbenfabrik der Agfa sowie das Sanitätswerk Moosdorf & Hochländer und die Teppichfabrik Feibisch. Die Werke beschäftigten 1913 nahetu 6.000 Menschen. Parallel dazu hatten sich im südlichen Teil von Treptow um die Jahrhundertwende die Baumschulen der Familie Späth zu den größten Deutschlands und der Welt entwickelt, was dazu führte, dass sich für den Ortsteil der Name Baumschulenweg durchsetzte.  
   
  DEr neue Wirtschaftsstandort war besonders wegen seiner günstigen Verkehrslage begehrt. Mit der Anlage des Treptower Parks, in dem 1896 die Berliner Gewerbeaustellung stattfand, enstand für die Städterein beliebtes Ausflugziehl. Der Deutschen Sozialdemokratie diente der Park gleichzeitig als Versammlungsstätte im Freien. Der Vorort war mit Dampfer, Pferdeeisenbahn, Kutschbetrieb und später sogar elektischer Straßenbahn zu erreichen. Um die Jahrhundertwende gab es etwa 120 Gaststätten und 30 Tanzsäle, die nicht geringe Bier-und Lustbarkeitssteuern in die Gemeindekasse zahlten. Treptow begann eine der wohlhabenderen Gemeinde zu werden, deren Gemeindeväter die Zugehöhrigkeit zu Teltow allmählich zu lösen suchten. Eingemeindungsangebote durch Neukölln 1910 scheiterten wie auch das Bemühen, sich von Teltow abzutrennen. Mit drastischen Mitteln unterband der Teltower Landrat v. Aschenbach die Abwanderung seiner zahlungskräftigen Kommune.  
   
  Das gegen den Wiederstand der bürgerlichen Parteien am 27.April 1920 angenommene Gesetz fand in den südöstlichen Landgemeinden, die seit den Gemeindewahlen 1919 entweder von der SPD (Treptow, Altglienicke, Bohnsdorf) oder der USPD (Adlershof, Johannisthal, Niederschöneweiede) geführt wurden, breite Zustimmung. Nur in Altglienicke sympathisierten die bis November 1918 amtierenden Gemeindeväter mit der Variante eines Vorortverbandes.  
   
  Im Gründungsjahr umfaßte der Verwaltungsbezirk Treptow ein Gesamtgebiet von 4.150 Hektar, davon 1.044 Hektar Dauerwald und Parkanlagen. 1.102 Hektar wurden landwirtschaftlich, gärtnerisch oder kleingärtnerisch genutzt. Bebaut waren 643 Hektar. Die letzte Volkszählung vom 08.Oktober 1919 ermittetlte 89.138 Einwohner.  
   
Quelle www.heimatmuseum-treptow.de
Förderverein Museum Treptow e.V.
Buch "Johannisthal in Berlin", Autor Bernd Rompf u.a.
Buch "Alt-Treptow", Autorin Helga Pett
Buch "Baumschulenweg/Plänterwald in Berlin", Autor Georg Türke
Buch "Treptows vergangene Pracht", Autor Georg Türke
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