Von der Gewerbeausstellung zur sozialitischen Volkswirtschaft

 
  Im, Jahre 1876 durch königlichen Erlaß aus einem Gutsbezirk in eine Landgemeinde umgewandelt, hatte die Gemeinde Treptow noch den Charakter eines spezifischen Erhohlungs- und Vergnügungsortes mit nicht mehr als 37 bebauten Grundstücken und etwa sechshundert Einwohnern. Das Personalsteuersoll mit 4500 Mark wurde bei weitem nicht erreich, und die Stadt Berlin erklärte sich zum Beispiel zur unentgeltlichen Aufnahme der Schulpflichtigen Treptower Kinder in der nächstgelegenen Berliner Elementarschule bereit.  
   
  Nach der Reichseinigung und dem französischem "Milliardensegen", erpreßt im Deutsch-Französischem Raubkrieg 1870, entwickelte sich der deitsche Kapitalismus in sprunghaftem Tempo, was sich in den folgenden Jahrzehnten bis zur Jahrhundertwende des vorigen Jahrhunderts u.a. im wirtschaftlichen Wachstum Berlins und auch in Treptow auswirkte. Das Bestreben des damals noch jungen deutschen Imperalismus war es , "am kapitalistischen Speisetisch der Welt" noch einige lukrative koloniale Ausbeutungsobjekte zu ergattern und mit allen Mitteln im internationalen Wirtschaftskonzert kräftig mitzuhalten und bei der Neuaufteilung der Welt nicht zu kurz zu kommen.
 
   
  Noch im Frühjahr 1892 mißlang es, die internationale Weltausstellung nach Berlin zu bekommen, sie wurde in Paris abgehalten. Nach langem Hin und Her setzten es Industrie und Handel Berlins durch, im Jahre 1896 die "Berliner Gewerbeausstellung" durtchzuführen als Leistungsschau der Berliner Wirtschaft und Paradeschau des deutschen Imperialismus. Das günstige Gelände des Treptower Parks ließ die Witzlebener Bewerber abblitzen, und obwohl der erst zwanzig Jahre alte Baumbestand des Parks keineswegs die umfangreiche Bau-, Erd- und Planierungsarbeiten vertragen konnte, wirkten sich die Millionenbeträge der Ausstellungsinvestitionen für die Entwicklung der Landgemeinde Treptow im Sinne des kapitalistischen Wachstums dennoch günstig aus. Neue Brücken und Straßen wurden angelegt, Be- und Entwässerung sowie Elektrifizierung folgten ebenso wie die Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel. Grund und Boden wurden für die Gründung von Industriebetrieben wohlfeiler. Die Einwohnerzahl und Finanzkraft Treptows erhöhten sich in diesen Jahrzehnten sprunghaft. Eiwohnerstatistik und Gemeindeetat deieser Zeit eisen folgende Positionen aus:
1876 567 Einwohner kein Etat
1895 2695 Einwohner 86.424 Mark
1905 11.196 Einwohner 436.600 Mark
1920 30.700 Einwohner 18.931.500 Mark

Auch der Bau des Teltowkanals einschließlich des Abzweiges Britz- Kanne, der mit einem Aufwand von 50 Millionen Mark in den Jahren 1901-06 enstand, trug zur wirtschaftlichen Belebung bei und erreichte 1911/12 seine höchsten Beförderungs- und Einnahmeziffern vor dem ersten Weltkrieg. Packhäuser und Industriebetriebe entstanden an seinen Ufern und Kais. Wenn wir in den Geschichtsbüchern lesen, daß am Bau des Kanals jährlich mehr als die Hälfte der am Kanalbau beschäftigten Arbeiter aus Galizien, Rußland, Polen, Italien und Kroatien stammten, so eird deutlich, in welchem Umfang hierbei die sogenannten Wanderarbeiter ausgebeutet wurden, denn diese erhielten für ihre schweren Karrnerdienste Bettelpfennige. Auf ähnliche Weise ließ Hitler die Autobahnen mit dem Schweiß der Kolonnen des Arbeitsdienstes errichten.
 
   
  Nachteilig beeinflußte die neue Binnenwasserstraße die Ursprüglichkeit der Tier- und Pflanzenwelt im Treptower Gemeindebereich, denn der Grundwasserspiegel sank um etwa zwei Meter ab. Das klare Kanneflüßchen versiegte mehr und mehr, die ergibigen Weideflächen verkümmerten, die Königsheide versandete. Die romantische Naturlandschaft wurde zurückgedrängt und ausgelöscht.  
   
  Auf Grund der günstigen Wasserwege und Bodenpreise wurden zahlreiche Holzbearbeitungsbetriebe von der Luisenstadt nach Treptow verlagert. Sie entstanden mit der zunehmenden Bebauung Treptows. Ein großer Teil von ihnen fiel der Inflation nach dem ersten Weltkrieg zum Opfer. Erwähnenswert bleiben die ehemalige Jordansche Farbenfabrik am Schlesischen Tor, die später vom Agfakonzern aufgekauft wurde, und die ehemalige Max-Greatz-Beleuchtungskörper-Fabrik, die sich anfänglich mit der Verbesserung und Weiterentwicklung der Petroleum- und Gasbeleutung befaßte, ehe sie als Hersteller elektrischer Glühkörper Weltruf erlangte. Auch die AEG (zu DDR-Zeiten VEB EAW) entwickelte sich zu einem der maßgeblichen Großbetriebe Treptowers. Nicht geringere wirtschaftliche Bedeutung erlangte der Zweigbetrieb des Scheringskonzerns in Adlershof, der im Jahre 1949 in Volkseigentum übernommen wurde.  
   
Quellen

www.heimatmuseum-treptow.de
Förderverein Museum Treptow e.V.
Buch "Johannisthal in Berlin", Autor Bernd Rompf u.a.
Buch "Alt-Treptow", Autorin Helga Pett
Buch "Baumschulenweg/Plänterwald in Berlin", Autor Georg Türke
Buch "Treptows vergangene Pracht", Autor Georg Türke
Wikipedia